Literatur

Malory Towers

Wie viele Mädchen, die in den 1970ern aufwuchsen, war ich ein großer Schneiderbuch-Fan. Noch heute bin ich der Ansicht, dass das Lesen und immer wieder Lesen zahlreicher Enid Blyton-Bücher, gerade aufgrund ihres stereotypen Aufbaus, der sich auch für Achtjährige schnell und flüssig lesen lässt, für mein heutiges Lesetempo mitverantwortlich ist.

Aber vor allem hatte ich sehr viel Spaß am Lesen vor allem der Internatsgeschichten, am liebsten der Dolly-Bücher. Die Übersetzungen des Schneider-Verlags haben vieles weggelassen, was auf die Zeit hindeutet, in der die Geschichten sowohl spielen als auch geschrieben wurden und auch die Schule könnte sich überall befinden.

Erst mit fast 20 entdeckte ich auf einer Englandreise die Originale und stellte überrascht fest, dass es erstens nur sechs Bände gibt, nicht über 20 wie im Deutschen; zweitens die Burg Möwenfels sich in Cornwall befindet; drittens in den deutschen Übersetzungen teils ganze Kapitel fehlen und viertens Dolly im Original Darrell heißt! Vor allem aber stellte ich fest, wie viele kleine Details in den Originalbänden einen faszinierenden Einblick in die vom deutschen Schulwesen sich doch sehr unterscheidende Welt der englischen Internatsschule und deren Ehrenkodex geben. Ich las dann alle Bände im Original und später auch die englischen Fortsetzungen, die mit den deutschen Fortsetzungen nichts gemeinsam haben.

Aber auch die englischen Originalbücher enthalten all das, was an Blyton natürlich zu kritisieren ist: viele der als positiv dargestellten Verhaltensweisen, gerade im Anpassen neuer Mädchen an den Mainstream der Schule, würde mal heute als Mobbing einstufen. Auch der Umgang mit Außenseitern und der Akzeptanz von Vielfalt sieht man aus heutiger Sicht vieles anders.

Sehr spannend ist in dieser Hinsicht die aktuelle Verfilmung des ersten Dolly Bandes in der neuen Serie Malory Towers der BBC, die im April 2020 zum ersten Mal ausgestrahlt wurde, inzwischen aber via youtube auch von Deutschland aus zu sehen ist https://www.youtube.com/watch?v=wo9ZbZ-bxO4

Obwohl durch die Kostüme, die Kulisse und die Gestaltung der wunderschönen Serie deutlich erkennbar ist, dass sie in Cornwall kurz nach dem 2. Weltkrieg spielt, werden einzelne Themen sehr modern angegangen. So wird zum Beispiel eine Schülerin, die in den Büchern als schusselig und zerstreut dargestellt wird, weil sie Schwierigkeiten mit der Rechtschreibung hat, in der Serie als Schülerin mit einer Lese-/Rechtschreibschwäche dargestellt und dies auch so benannt.

Ich habe mit sehr viel Freude die erste Staffel geschaut und hoffe, dass die weiteren Bände auch noch verfilmt werden!

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Messengers of Peace

30. August 2020