Wer war Lucy Maud Montogomery? – Teil 4
Die zwanziger Jahre waren für Maud von Sorgen geprägt. Ewans religiöse Manie wird schlimmer und macht das Zusammenleben mit ihm während der Attacken fast unerträglich für Maud. Aber auch während der Monate, in denen es ihm gut geht, ist er ihr kaum eine Hilfe bei der Erziehung ihrer beiden Söhne. So versucht sie, neben ihren vielen anderen Aufgaben, Chester und Stuart gleichzeitig Mutter und Vater zu sein. Ewan nimmt auch keinerlei Anteil an ihrem literarischen Erfolg, im Gegenteil, Maud hat oft den Eindruck, er sei neidisch auf sie.
Zu dem Rechtsstreit mit Mauds ehemaligem Verleger Page kommt ein zweiter Prozess, diesmal gegen Ewan. Maud und Ewan hatten einen Autounfall mit Blechschaden durch einen Zusammenstoß mit einem Gemeindemitglied, Marshall Pickering. Dieser sah nun eine günstige Gelegenheit, an Geld zu kommen, indem er die anscheinend reichen MacDonalds verklagte und Schadensersatz und Schmerzensgeld forderte. Obwohl sich der Prozess über Jahre hinzog und zu Ewans Ungunsten entschieden wurde, erhielt Pickering keinerlei Geld daraus, da alles Eigentum der MacDonalds Maud gehörte, aber Ewan das Auto gefahren hatte. Maud und Ewan allerdings mussten mit ständigen Pfändungsdrohungen und gerichtlichen Überprüfungen leben.
In den zwanziger Jahren vereinigten sich die presbyterianische und die methodistische Kirche Kanadas zur Union-Kirche. Teile der beiden Kirchen blieben unabhängig. Das bedeutete, dass in jeder Gemeinde die einzelnen Gemeindemitglieder entschieden, welcher Kirche sie angehören wollten. Da in Kanada das Gehalt des Pfarrers von der Ortsgemeinde gezahlt wird, hing es vom Verhalten der Gemeinde ab, ob das wirtschaftliche Überleben der Pfarrersfamilie gesichert war. Ewan warb mit großem Aufwand in Leaksdale um Gemeindemitglieder, die in der separaten presbyterianischen Gemeinde bleiben wollten. Zwar entschieden sich viele dafür, dennoch wurde die Gemeinde so klein, dass er sich eine neue Stelle suchte. 1926 wurde er Pfarrer von Norval, ebenfalls in Ontario gelegen, aber wesentlich näher an Toronto. Für Maud bedeutete das, wieder neue und mehr Aufgaben als Pfarrfrau zu übernehmen.
Im Laufe dieser Jahre verlassen Chester und Stuart das Elternhaus, um aufs College zu gehen. Maud vermisst ihre Jungen sehr. Trotz all dieser Sorgen schreibt Maud in den zwanziger Jahren sechs Bücher: Die Emily-Trilogie, The Blue Castle, Magic for Marigold und A tangled Web.